Was sind persönliche Ressourcen – und warum lohnt es sich, sie zu kennen?

Ich dachte lange, Ressourcen wären nur Zeit und Geld…
Wenn ich ehrlich bin, habe ich das Wort „Ressource“ früher während meiner Zeit als Unternehmensberater oft nur mit Projektplänen oder Budgets verbunden. Im Coaching-Alltag bekam es plötzlich eine ganz andere Tiefe. Da sprach jemand von seiner inneren Stärke. Jemand anderes von Musik. Oder einem Spaziergang im Wald.
Und ich begann zu verstehen: Ressourcen sind nicht nur Mittel zum Zweck. Sie sind unsere ganz persönlichen Kraftquellen. Manchmal ganz offensichtlich – manchmal gut versteckt.
Was sind persönliche Ressourcen überhaupt?
Oft denken wir bei „Ressourcen“ zuerst an das, was uns von außen zur Verfügung steht. Aber persönliche Ressourcen sind mehr – sie sind das, was in uns steckt oder uns auf besondere Weise umgibt.
👉 Ressourcen sind Potenziale eines Menschen. Sie umfassen zum Beispiel:
- Fähigkeiten (z. B. zuhören, kreativ denken, organisieren)
- Charaktereigenschaften (z. B. Humor, Geduld, Mut)
- Kompetenzen und Kenntnisse
- positive Erinnerungen und Erfahrungen
- Neigungen und Stärken, die uns ausmachen
- soziale Beziehungen, die uns tragen
- Werte, Überzeugungen, Haltungen
- Orte, Hobbys, Rituale, Gruppen, die uns guttun
- materielle Bedingungen, die Sicherheit geben
- Träume, Ziele, Hoffnung auf die Zukunft
Wie Hilarion Petzold es formuliert:
„Ressourcen sind Quellen, aus denen man all das schöpfen kann, was man zur Gestaltung eines zufriedenstellenden, guten Lebens braucht.“
Und das ist bei jedem Menschen anders. Ressourcenarbeit heißt deshalb auch: neugierig werden auf das, was für DICH eine Quelle ist.
Warum lohnt es sich, Ressourcen zu kennen – und wiederzufinden?
Ressourcen geben uns nicht nur Kraft – sie sind auch unsere inneren Anker, besonders in herausfordernden Zeiten. Wer sich seiner Ressourcen bewusst ist, kann gezielter mit Stress, Krisen oder Veränderungen umgehen.
Aber der Zugang zu diesen Kraftquellen ist nicht immer offen.
Wenn der Zugang blockiert ist
Manchmal erleben wir etwas so Negatives oder Bedrohliches, dass unser System zum Selbstschutz den Zugang zu einer bestimmten Ressource blockiert – vor allem, wenn sie mit dem belastenden Zustand zusammenhängt.
Ein Beispiel:
Wenn unsere natürliche Neugierde uns in eine gefährliche Situation bringt, kann unser Inneres lernen: „Neugier ist gefährlich.“ Und aus Selbstschutz verstecken wir diesen Teil von uns – oft unbewusst.
Besonders prägend sind Erfahrungen, in denen wir sozialem Druck oder drohendem Ausschluss ausgesetzt waren. In Kindheit und Jugend wirkt das oft tief – wir passen uns an, „um dazuzugehören“. Und verlieren dabei manchmal den Kontakt zu dem, was eigentlich zu uns gehört.
Auch im Erwachsenenleben kann es passieren: Wir funktionieren, passen uns an, verbiegen uns – und verlieren die Verbindung zu unseren Kraftquellen.
Manche Ressourcen sind einfach „verschüttet“. Andere haben wir nie bewusst entdeckt.
Wie du deine Ressourcen (wieder)entdeckst
„Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“
– Perikles
Ressourcenarbeit beginnt mit dem Mut zur Innenschau.
Nicht immer ist es leicht, auf die eigenen Stärken zu blicken – besonders dann, wenn sie lange verborgen waren. Aber genau hier liegt der Schlüssel: Wer sich traut hinzuschauen, kann sich Schritt für Schritt wieder mit dem verbinden, was ihn trägt.
Coachingfragen zur Ressourcenaktivierung
- Was gibt dir Kraft, wenn es schwer wird?
- Wer oder was war dir in herausfordernden Zeiten eine Stütze?
- Worauf bist du stolz – auch wenn du es selten sagst?
- Welche Fähigkeiten hast du dir erarbeitet?
- Welche Eigenschaften wurden in Krisen sichtbar?
Diese Fragen helfen, Ressourcen sichtbar zu machen – wie unter einer staubigen Oberfläche, die man langsam freilegt.
Ressourcen aktivieren: Fragen, die dich weiterbringen
Die folgenden Impulse stammen aus der systemischen Coachingpraxis. Sie lassen sich im Selbstcoaching wie auch in Gesprächen einsetzen:
🧭 Ressourcen erkennen
- Was hast du dir in deinem Leben aufgebaut, um gut für dich zu sorgen?
- Was in deinem Leben möchtest du unbedingt bewahren – weil es dir guttut?
- Was magst du an dir? Was macht dich aus?
⏳ Nach Ausnahmen fragen
- Gab es Momente, in denen es dir besser ging? Was war da anders?
- Wann war das Problem nicht da – und was hat in dieser Zeit geholfen?
👉 Diese Fragen lenken den Blick weg vom Defizit – hin zu dem, was bereits wirkt.
🔢 Skalierungsfragen
- Wo stehst du gerade (0–10)?
- Was hast du getan, um auf diese Stufe zu kommen?
- Was wäre dein nächster kleiner Schritt?
👉 Kleine Schritte werden sicht- und greifbar.
✨ Die Wunderfrage
Stell dir vor, heute Nacht geschieht ein Wunder. Das Problem ist weg.
- Was würdest du am nächsten Morgen als Erstes anders machen?
- Wer würde es bemerken – und woran?
👉 Diese Frage öffnet neue Handlungsspielräume.
🌟 Modelllernen
- Wer geht gut mit so einer Situation um?
- Was genau tut diese Person?
- Gab es Situationen, in denen du ähnlich warst?
👉 Du aktivierst dein inneres Vorbild.
🔄 Reframing
Vermeintlich „negative“ Eigenschaften können Kraftquellen sein:
Problem | mögliche Ressource |
---|---|
empfindlich | wachsam & feinfühlig |
misstrauisch | vorsichtig & achtsam |
stur | ausdauernd & konsequent |
verwirrt | offen für viele Perspektive |
👉 Was ist die andere Seite deiner Herausforderung?
🌀 Absorptionstechnik
- Welche drei Fähigkeiten würdest du brauchen?
- Wann hattest du diese schon mal?
- Kannst du sie im Körper spüren, wenn du daran denkst?
👉 Vorstellungskraft + Körperempfinden = Ressourcenzugang
Coachinghinweis: Ressourcen aktivieren mit Fingerspitzengefühl
So kraftvoll ressourcenorientierte Arbeit ist – sie braucht Timing.
Wenn der Fokus zu früh auf Lösungen liegt, kann das:
- dazu führen, dass sich der Klient nicht gesehen fühlt
- unerfüllbare Wünsche aktivieren
- als “positives Denken” missverstanden werden
- zur Vermeidung statt zur Auseinandersetzung führen
👉 Ressourcenarbeit wirkt dann am stärksten, wenn sie auf echter Verbindung, Würdigung und einem sicheren Rahmen aufbaut.
Tools aus der Coaching Werkstatt: Methoden zur Ressourcenarbeit
🌳 Der Ressourcenbaum
Ein wirkungsvolles Visualisierungstool, das innere Kraftquellen in Form eines Baumes sichtbar macht. Wurzeln stehen für Herkunft und Werte, der Stamm für zentrale Stärken, die Äste für Fähigkeiten und Erfahrungen.
🛠️ Ideal zur Selbstreflexion oder im Coaching zur Ressourcenverankerung.
➡️ Zur Methode – Ressourcenbaum entdecken
🎡 Dein Lebensrad
Mit dem Lebensrad lassen sich verschiedene Lebensbereiche visuell abbilden. Es wird schnell sichtbar, wo Energie fließt – und wo sie fehlt. Auch Ressourcen lassen sich daran sehr gut erkennen.
🛠️ Ziel: Standortbestimmung und Ressourcenerkennung auf einen Blick.
➡️ Zur Methode – Lebensrad jetzt anschauen
Eine kleine Übung für dich: Eine Handvoll Ressourcen
Manchmal braucht es nur einen Moment der Aufmerksamkeit, um Kraftquellen sichtbar zu machen. Diese Mini-Übung funktioniert in unter 5 Minuten – und ist ideal für zwischendurch. Nach Miriam Deubner-Böhme und Uta Deppe-Schmitz.
👉 Und so geht’s:
- Blicke auf die letzte Stunde zurück.Was hast du gemacht? Welche kleinen, angenehmen Momente gab es?
- Spür hinein: Welche positiven Gefühle waren in diesen Momenten da?
- Schau dir jetzt deine rechte Hand an – und gib jedem deiner fünf Finger einen dieser Momente oder positiven Aspekte. Jeder Finger steht für eine kleine Ressource, die dir in den letzten 60 Minuten begegnet ist.
✋ Du hältst gerade eine Handvoll Kraftquellen in der Hand.
👉 Du kannst die Übung beliebig oft wiederholen – morgens als sanften Einstieg in den Tag oder abends als Moment der Wertschätzung.
Fazit: Deine Ressourcen sind da. Vielleicht leise – aber sie sind da.
Ressourcenarbeit ist ein Weg zurück zu dir.
Zu dem, was dich ausmacht. Zu dem, was dich trägt. Zu dem, was du vielleicht längst in dir trägst – aber (noch) nicht bewusst wahrgenommen hast.
Welche deiner Ressourcen möchtest du in den nächsten Wochen (wieder)entdecken?
👇 Schreib sie dir auf – oder nimm dir ein Tool aus der Coaching Werkstatt mit.